Der dritte Pol. Nordpol.
Adjektive lassen sich steigern. Gut – besser – am besten. Alpinismus lässt sich steigern. Schwieriger – schneller – höher. Abenteuer lassen sich ebenfalls steigern: Mount Everest – Südpol – Nordpol. Der höchste, südlichste und nördlichste Punkt unserer Erde bezeichnet man zusammen als „The Three Poles» – Die drei Pole.
Es sind die exponiertesten, kältesten und die am weit entferntesten Punkte unserer Welt.
Als ich am 23. Mai 2001 als erste Schweizer Frau auf dem Gipfel des Mount Everest gestanden hatte, ahnte ich noch nicht, dass dieser Gipfelsieg für mich der Anfang einer neuen Geschichte, ja eines neuen Lebenskapitels bedeuten würde.
Ich verdiente damals bereits seit 11 Jahren mein Geld als Bergführerin und hatte vier Jahre vorher meine eigene Bergschule gegründet. Ich war gebucht. Nein, ich war überbucht. Monatelang, manchmal über 75 Tage am Stück ohne einen einzigen freien Tag, stieg ich mit Gästen auf die Berge, führte sie durch stiebenden Pulverschnee, kletterte mit ihnen bis in den 8. Schwierigkeitsgrad, führte sie auf den Eiger, den Mont Blanc, das Matterhorn und auf andere zahlreiche Gipfel und 4000er.
2001, nach der geglückten Besteigung des Mount Everest, war ich bereit für einen Tapetenwechsel. Als Berufs-Helikopterpilotin, die ich damals bereits war. Ich hatte die harte Aus- und Weiterbildungszeit abgeschlossen. Ich flog also kommerziell in Spanien, meine Aufgaben lagen im Bereich der verschiedenen Wartungsarbeiten an Starkstromleitungen mittels meinen mir zugeteilten Hubschraubern, einem Long-Ranger, einem Jet-Ranger, sowie einer Lama. Aber trotz leidenschaftlicher Fliegerei fühlte ich mich amputiert. Weggerissen aus meiner Welt, der Welt der Berge. Ich konnte der hügeligen Landschaft meines Einsatzgebietes in Extremadura und Andalusien wenig abgewinnen. Die Leidenschaft des Fliegens liess sich nie über meine Leidenschaft des Bergsteigens stellen. Damals wurde mir bewusst, wie abhängig ich von den Bergen war. Wie stark mein Glücksgefühl an das freie Gefühl, mich in den Bergen bewegen, klettern und steigen zu können, geknüpft war. Wenn ich nicht in den Bergen war, fühlte ich Mangel. Und das wollte ich ändern. Also musste ein Ziel her, das mich lehrte, das Flache und Hügelige wertzuschätzen. Das am weitesten entfernte Ziel, das sich mir bot, war der Südpol. Ein neues Ziel war geboren. Der Rest ist Geschichte. «Expedition Antarctica – 484 Tage bis ans Ende der Welt» gehört seit dem Start am 1. September 2006 und meiner Rückkehr am 10. Januar 2008 zu meinem Lebensabdruck, wie meine Geburt.
Und jetzt, obwohl mich die Gesamtanstrengung, kurz vor dem Erreichen des Südpols, damals beinahe in den Erschöpfungstod befördert hat, der Nordpol. Macht das Sinn? Der Countdown hat bereits begonnen. Am 1. April 2016 fällt der Startschuss.