«90° North – 100% Commitment» : Longyearbyen, 9. März 2017
«Auch die kritische Sicht der Dinge muss Platz haben»
Expeditionen ans Ende der Welt, sei es nun ein 8000er im Himalaya, eine Südpol-Expedition oder nun die Nordpol-Expedition, werfen auch immer Fragen nach dem Sinn auf. Der persönliche Sinn und die Motivation zur Umsetzung solcher Vorhaben, ist natürlich bei jedem Sportler anders. Aber nach aussen haben diese und ähnliche Unternehmungen immer schon stark polarisiert. Die einen lassen sich von Ideen, dem Mut und der Durchhaltekraft anderer inspirieren und auf andere Menschen wirken solche Unternehmungen unsinnig. Jeder hat eine eigene Meinung dazu und ob positiv, gar keine oder eine kritische, es ist gut so.
Es sind aber nicht nur andere Menschen, die entweder gutgesinnt, neutral oder kritisch auf Expeditionen, wie ich sie unternehme, blicken. Sondern man selber natürlich auch. Selbstverständlich stellt man sich die Fragen, welchen Impact die Unternehmung auf die Umwelt hat. Welchen Sinn, ausser der eigene, eine Gemeinschaft aus den Erfahrungen ziehen kann. Mit welchen neuen Informationen man vielleicht eine Wissenslücke schliessen kann, welche Beobachtungen über Gletscher, Spaltenzonen oder andere Beobachtungen als Rapport für das Verständnis über die Veränderungen der Welt als Auswirkungen des Klimawandels von Relevanz sein können.
Es gibt immer den persönlichen und den übergeordneten Sinn und wenn beides stimmig ist, dann ist auch das Gefühl stimmig, etwas bewirken zu können.
Mir ist bewusst, dass ich alle diese Anforderungen nicht immer erfüllen kann. Weder für mich selber, noch für die Öffentlichkeit. Mal ist es das persönliche Ziel, wie dies jetzt die Nordpol-Expedition ist, welches mich antreibt. Vor zwei Jahren, als ich insgesamt sechsmal nach Nepal gereist war um nach dem Erdbeben beim Wiederaufbau der zerstörten Häuser meiner Sherpa-Freunde Unterstützung zu bringen, war der Antrieb Altruismus. Mitgefühl. Damals hätte ich stattdessen frei nehmen und an tollen Felsen klettern gehen können oder auf Hochtouren unsere einmaligen Alpen geniessen können, anstatt in zerstörte Häuser und leere Augen zu blicken.
Am Ende des Tages (oder des Lebens) ist es die Summe was man erlebt und was man schlecht, gut oder besser getan hat, was zählt. Und in diesem Sinne breche ich am Sonntag, den 12. März auf. Mit Ski und Schlitten zuerst von Longyearbyen durch Spitzbergen an seinen nördlichsten Punkt und dann, nach einer kurzen Pause, weiter von südlich der Russischen Station zum Nordpol und zurück. Und ja, dann habe ich ein persönliches Ziel erreicht. Meinen dritten Pol. Und ja, das macht eigentlich keinen Sinn für die Menschheit. Aber für mich.
Herzlich eure Evelyne