«90° North – 100% Commitment» : Longyearbyen, 12. März 2017
«Nichts für schwache Nerven»
Die Woche war hektisch. Obwohl ich 1200km durch die Antartktis gelaufen war, 550 Kilometer durch das Grönlandeis marschiert bin, ein Solo-Trip in der Arktis ist einfach nochmals eine andere Dimension. Ich habe gepackt, umgepackt, verstaut, gewogen, abgepackt, handgewerkt, geschreinert, genäht, studiert und abgewägt. Heute ist Aufbruch, ein letztes Mal einen Kaffee aus der Kaffeemaschine, ein letztes Mal warmes Wasser aus dem Wasserhahn, ein letztes Mal ein warmes Bett. Besorgniserregend sind einige Dinge: Das Wetter ist auf die nächsten 10 Tage hinaus voraussichtlich nur heute gut. Ab morgen bin ich im Blindflug unterwegs. Obwohl die Gletscher gut zugeschneit sein sollten, kann man bei diffusem Licht oder Whiteout die Spalten nicht sehen. Und ja, ich weiss, die Bären-Geschichte ist ein sehr heikles Thema: Der Eisbär ist zum Symbol der Arktis geworden und wir Menschen wollen ihm seine Ruhe und seinen Spielraum lassen. Und trotzdem geht von ihm aus eine Gefahr aus. Auch wenn ich mich richtig verhalte, ihm Abstand gewähre und Respekt gebiete und mich nicht in seine Reviere begebe. Die Bären sind um diese Zeit normalerweise auf dem Packeis. Aber da draussen hat es kein Packeis, das Meer ist nicht zugefroren und die Bären wandern, was normalerweise ungewöhnlich ist, weite Strecken von der Küste ins Festland hinein.
Diese Mischung von sehr herausfordernden Voraussetzungen sind natürlich sehr belastend. Das schwierigste ist immer das Aufbrechen. Und wenn man aufgebrochen ist und das Ziel vor Augen hat, wäre es schwierig, umzukehren oder einen Plan B anzupeilen. Was immer es fordert, ich werde mein Bestes geben.
Aus der Arktis, eure Evelyne